28. August 2016

Symposion „Kulturgutschutz in Aktion“, Köln 2009

„Kulturgutschutz in Aktion“ – so lautete das Motto eines internationalen Symposions, das die Deutsche Gesellschaft für Kulturgutschutz e. V. (DGKS) am 11. September 2009 in Köln durchführte. Expertinnen und Experten sowie Fachleute des Denkmal- und Kulturgutschutzes aus Deutschland, Italien, Österreich, der Schweiz und Rumänien diskutierten die Folgen einer Zerstörung unersetzlichen Kulturgutes durch technische Unfälle und Katastrophen. Am Beispiel des am 3. März 2009 erfolgten Einsturzes des Historischen Stadtarchivs der Stadt Köln sollte deutlich gemacht werden, dass für einen wirksamen Kulturgutschutz ein Netzwerk mit der Kooperation von Gefahrenabwehrbehörden, Hilfsorganisationen sowie anderen Kultureinrichtungen nicht nur auf horizontaler, sondern auch auf vertikaler Ebene unabdingbar ist.

Das Grußwort (PDF) zur Veranstaltung überbrachte Frau Dr. Bettina Schmidt-Czaia, Historikerin und Archivarin. Sie leitet seit 2005 als Direktorin das historische Stadtarchiv, war zur Zeit des Unglücks im Gebäude und schilderte in bewegenden Worten, wie sie die letzten Minuten vor dem Einsturz erlebte. Ihr Stellvertreter, Dr. Ulrich Fischer, berichtete über das ehemals reichhaltige Informationsangebot des Kölner Archives (PDF), das auch als Forschungsstelle für die Geschichtswissenschaft eine Besonderheit war. Vor dem Einsturz verfügte das Archiv über

  • 65.000 Urkunden ab dem Jahr 922
  • 25 Regalkilometer Akten aus den Verwaltungsepochen der Stadt Köln und ihren internationalen Handelsbeziehungen,
  • 104.000 Karten und Pläne und 50.000 Plakate sowie
  • 818 Nachlässe und Sammlungen.

Dr. Fischer berichtete über den Verlust und die Arten der Beschädigungen am dort gelagerten Archivgut, erklärte die notwendigen Restaurierungsarbeiten sowie die landes-, bundes- und auch weltweit offerierten Hilfsangebote und erläuterte die enormen Kosten, die durch diese Katastrophe und ihre Beseitigung entstehen werden.

„Eine technische Katastrophe nimmt ihren Lauf“ (PDF 20MB, Teil 1, Teil 2 und Teil 3) – der Bildvortrag von Herrn Stephan Neuhoff, Diplom-Ingenieur und Leitender Branddirektor der Kölner Berufsfeuerwehr, berichtete minutiös über den Ablauf des Einsturzes, die eingeleiteten Rettungsmaßnahmen und das Zusammenspiel aller eingesetzten Rettungskräfte vor Ort bei der Lösung der menschlichen und logistischen Probleme.

Daneben plädierte Dr. Hanns Peter Neuheuser M. A. vom Archivberatungs- und Fortbildungszentrum des Landschaftsverbandes Rheinland für einen Notfallverbund im Kulturbereich (PDF) mit planerischer, organisatorischer und technischer Vorsorge. Herr Dr. Neuheuser initiierte 2005 die Gründung des „Kölner Notfallverbundes für Kunst- und Kultureinrichtungen“, in dem sich Archive, Bibliotheken und Museen zu gegenseitiger Hilfeleistung im Katastrophenfall zusammengeschlossen haben. Der Brand in der Herzogin-Anna-Amalia-Bibliothek in Weimar im Jahre 2004 hatte gezeigt, wie hilfreich das Zusammenwirken von kulturellen Einrichtungen am jeweiligen Schadensort ist. Dabei geht es nicht nur um die Bereitstellung von Material zur Bergung von Kulturgut oder die Verfügbarkeit von gesicherten Lager- und Bergungsorten, sondern auch um die sofortige Einsatzbereitschaft von Hilfskräften, Fachleuten und Experten.

Weitere Fachbeiträge zur Erdbebenkatastrophe 2009 in den Abruzzen (PDF, 2 MB) sowie zum Einsatz des Österreichischen Bundesheeres zur Bergung von Kulturgut bei Hochwassereinsätzen steuerten Frau Dr. Clarissa Belardelli (Italienische Gesellschaft für Kulturgüterschutz) sowie der Verbindungskommandant Hauptmann Dr. Reisinger (Österreichische Gesellschaft für Kulturgüterschutz) bei und rundeten damit die Veranstaltung ab.

Am Ende des Symposiums war man sich einig:

  • Vor allem Naturkatastrophen lassen sich nicht verhindern; um so wichtiger ist es, Schäden zu vermindern.
  • Gefahren erkennen, Risiken bewerten, Maßnahmen planen und Restrisiken minimieren sind wichtige Schritte für den Erhalt des Kulturgutes.
  • Ein Zentrales Element im Umgang mit Gefahren ist die horizontale und vertikale Vernetzung von Gefahrenabwehrbehörden, Hilfsorganisationen und Kulturguteinrichtungen.
  • Ohne die Informationen der kulturellen Institutionen sind die Partner im Verbundsystem nicht handlungsfähig.